Links zu meinen Seiten, einschließlich Homepage

Mittwoch, 31. Juli 2019

⭐neue Leseempfehlung ⭐: Als hätte der Himmel mich vergessen: Verwahrlost und misshandelt im eigenen Elternhaus - Amelie Sander



Eine schockierende und erschütternde Autobiografie, die oft das Maß des Erträglichen überschreitet und ich deshalb das Buch mehrmals aus der Hand legen musste, um das Gelesene erst einmal zu verarbeiten. Gnadenlos rekonstruiert die Autorin Schritt für Schritt, ihre Vergangenheit, vor den Augen der Leserschaft und schafft somit eine Nähe, von der man sich nicht distanzieren kann.

Wir sehen die völlig entblößte Unmenschlichkeit einer Stiefmutter und eines Vaters, die weit über die in Märchen beschriebene böse Stiefmutter und den duldenden Vater hinausgeht. Die Autorin wurde knappe zwei Jahrzehnte physisch und psychisch von den beiden misshandelt, gefangen gehalten und isoliert – unter den übelsten Umständen – ›Schwarze Pädagogik‹ nenne ich das – den Willen des Kindes brechen, es gefügig machen – für was auch immer.

Alle haben weggeschaut und wollten die Wahrheit wahrscheinlich auch nicht sehen – denn die Fassade war gut bürgerlich. Das Mädchen war halt zurückgeblieben, geistig behindert – so die Aussage der Stiefmutter und des Vaters – alle glaubten den beiden – Kindergärtnerinnen, Lehrerinnen, und Ärzte – keiner erkundete die Hintergründe der traurigen Augen, keiner die Hintergründe ihres Schweigens, ihres Ernährungs/Gesundheitszustandes. Die Menschen ihres sozialen Umfeldes glaubte den Lügen der Stiefmutter und bedauerten diese, welche Last sie doch zu tragen habe.

Keiner, nicht einer, hört die stummen Schreie und Hilferufe des Mädchens, keiner hört ihre Seele weinen.

Die Autorin ist einundzwanzig, als sie ihrer Hölle entfliehen kann und viele alltäglichen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse, die man in diesem Alter voraussetzt, erst einmal lernen muss. Für sie erschließt sich eine völlig neue Welt, die anderen Menschen ihres Alters selbstverständlich ist, doch ihr selbst bis dahin, verschlossen war.

Meines Erachtens ziemlich spät, öffnet sie sich einer Psychologin, und dies, weil die Auswirkungen der Symptome einer PTBS immer stärker werden – auch ihre jahrelange erduldete Qual, permanent körperliche Auswirkungen zeigt. Bestärkt erstattet sie in dieser Phase, Anzeige gegen ihre Peiniger – doch deren Taten sind verjährt – grotesk und für mich ein NO GO – wer Kinderseelen bricht, nimmt den Kindern die Zukunft – solche Taten dürfen nicht verjähren. Übrigens ist die ›Schwarze Pädagogik‹ wieder im Kommen – ›Elternschule‹ – ein Dokumentarfilm von Jörg Adolph & Ralf Bücheler – Wehret den Anfängen, sag ich da nur!

Es sind Psychopathen und Soziopathen, die so etwas tun, weil sie sich klein fühlen, sich nicht wert fühlen und sich selbst nicht lieben – und sich durch solche Gräueltaten auf einen Sockel stellen – sie leben davon, andere zu erniedrigen und Kinder wehren sich meist nicht, sie sind willkommene Opfer.

Für mich ist es ganz normal, dass die Autorin, viele Dinge im Buch wiederholt, erstens, weil sie sich immer wieder wiederholen und zweitens, ich das schon mehrmals erlebt habe, dass Menschen, die von etwas stark berührt sind, dies oft tun – wie unter einem inneren Zwang. Gut finde ich, dass Buchsatz und Layout einzelne prägnante Abschnitte durch unterschiedlichen Schriftsatz unterstreichen.

Amelie Sander's Buch ist ein Befreiungsschlag und ein Bekenntnis zur Öffentlichkeit – wenn man solch seelische Bürde öffentlich macht, trägt man es nicht mehr allein! Die Autorin hat Courage - Chapeau Amelie Sander!

Hingucken, nicht wegschauen, einmischen und laut werden, wenn wir merken, dass Psychopathen/Soziopathen Kinderseelen brechen – das ist die Pflicht des empathischen zwischenmenschlichen Miteinanders.. 

Unter diesem Link finden Sie eine aktuelle Statistik über Kindesmisshandlungen in unserem Land: https://www.kindervertretung.de/downloads/Pressekonferenz%2005.%20Juni%202018%20PKS%202017%20web.pdf

Ich empfehle das Buch sehr gerne der Leserschaft weiter, auch jenen Lesern, die negieren, dass es solche Verbrechen in unserer modernen und aufgeklärten Gesellschaft noch gibt.

Heidelinde Pennndorf

(31.07.2019)





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen