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Sonntag, 27. Oktober 2019

⭐ neue Leseempfehlung ⭐: Das unerwünschte Mädchen - Tina Hope



Das Buch ist ein emotionaler Hammer – ein aufwühlendes Seelen-Tagebuch. Aber nicht nur dass, es ist auch ein mutiges Buch der Autorin – eine bewusste schonungslose Öffentlichmachung ihrer Vergangenheit und ihrer Kämpfe, um ihr eigenes Ich. Sie zeigt der Leserschaft nicht nur ihre Wunden und Narben in ihrer Seele, sondern offenbart auch, dass sie durch das jahrelange erduldete und erlittene Martyrium auch körperliche Schäden davongetragen hat.

Sogenannte Pflegeeltern zerbrachen ihre Kinderseele und haben das kleine Mädchen auf Wertlosigkeit programmiert/konditioniert, sie lebte lange Jahre fremdbestimmt. 

Aus den nachfolgenden unmenschlichen und kinderfeindlichen Sätzen, die sie fast täglich zu hören bekam: 





»Dich hat hier nie einer gewollt«
»Du bist nichts wert« 
»Du dummes Stück Dreck«


wurden Glaubenssätze für das Kind, dem jungen Mädchen und der jungen Frau. Und immer, wenn sie im Laufe der Jahre getriggert wurde, verlor sie ihr gerade erwachendes rationales Denken und glaubte daran:

»Ich habe das verdient – Ich bin nichts wert – Ich bin nur ein Stück Dreck – ich habe keine Rechte – ich habe es nicht besser verdient«

Auch als ihre damalige dominante Lebenspartnerin sie völlig beherrschte, sie als ihr Eigentum ansah, lies Tina Hope alles mit sich geschehen und erfuhr wiederum psychischen, physischen und sexuellen Missbrauch. In diesem Sog des Grauens übernahm irgendwann ihre kleine Tochter eine Schlüsselrolle, denn als dieser immer öfter körperliche Gewalt angetan wurde, geschah etwas in der Seele der Autorin, ihre innere Starre löste sich, sie stand plötzlich nicht mehr neben sich und war fähig mit ihrer kleinen Tochter zu fliehen. Tina Hope ist dieses vielleicht noch gar nicht bewusst, sie liebte ihr kleines Mädchen schon damals.

Der erste Schritt war getan, doch es waren noch viele kleine und große Schritte nötig, um aufatmen zu können, um sich zum eignen Ich zu bekennen, zur Selbstliebe und zur eignen Wertschätzung zu finden. und um festzustellen, dass beide – Mutter und Tochter – wertvolle Menschen sind, die es verdient haben, mit sich selbst und miteinander glücklich zu sein.

Während des Lesens dieses autobiografischen Buchs hatte ich immer wieder das Gemälde des norwegischen Malers Edvard Munch ›Der Schrei‹ vor Augen – einen Angstschrei, einen Hilfeschrei – ja, ich konnte ihn fühlen, ihn hören, den Schrei des kleinen Mädchens, der jungen Frau und der Mutter, die von sich glaubte, ihr Kind nicht lieben zu können.

Ich wünsche der Autorin und ihrer Tochter alles Glück der Welt und dass sie irgendwann mithilfe ihrer Familie, Freunden und guten Therapeuten wieder ein Leben völlig ohne innere Ängste führen können, dass die Wunden zu heilenden Narben werden, die für immer geschlossen werden und nie mehr aufbrechen. Auch wünsche ich den beiden ein Leben voller Liebe und dass sich beide ihrer Stärke bewusst werden.

Meine persönliche Reflexion zu dem Thema des Buchs:

Und wieder haben wir beim Thema Gewalt gegen Kinder das sozial-gesellschaftliche Phänomen, dass keiner etwas gesehen, bemerkt und gehört hat. Den Mitarbeitern des zuständigen Jugendamtes, der Kita und der Lehrerschaft – allen scheint nichts aufgefallen zu sein – keiner hat die Wesensveränderung des kleinen Mädchens mitbekommen.

Das Thema des physischen, psychischen und sexuellen Missbrauchs muss immer wieder in den Fokus unserer Gesellschaft gerückt werden, denn die innere Akzeptanz, die Duldung der Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen in unserer Gesellschaft, ist immer noch erschreckend groß – viele sehen einfach weg, trotz der Sensibilisierung durch die Öffentlichkeit und den vielen Organisationen, die immer wieder den Finger in die Wunde legen. Täglich erleben in unserem Land im Durchschnitt 40 Kinder pro Tag sexuelle Gewalt. Diese erschreckende Zahl nannte die Tagesschau am 06.06.2019 und berief sich dabei auf die Kriminalstatistik.

Ich empfehle das Buch sehr gerne weiter. Ich wünsche der Autorin, dass ihr Buch sehr viele Leserinnen und Leser findet. Es ist ein schonungslos offenes Buch, eines welches unter die Haut geht und gerade deshalb eine große Wirkung entfaltet.

Chapeau Tina Hope, für diese Courage.

Heidelinde Penndorf

(27.10.2019)






Donnerstag, 17. Oktober 2019

⭐neue Leseempfehlung ⭐: Ricardos Weg: und weitere Erzählungen - Marc Schuhmacher



Diesmal überraschte mich der Autor mit einem beeindruckenden Rezensionsexemplar, welches vier Kurzgeschichten beinhaltet, die unter die Haut gehen, fast düster, wenn da am Ende nicht jedes Mal ein Ausweg und eine beginnende positive Lösung aufgezeigt wird. Die Geschichten beschreiben aus den Blickwinkeln junger Erwachsene unterschiedlicher sozialer Herkunft, dass Innere unserer Gesellschaft. 

Erfahrungswerte im zwischenmenschlichen Miteinander – Erfolgsdruck, der kaum auszuhalten ist und junge Menschen manchmal zu Hilfsmitteln/Rauschmitteln greifen, um das überhaupt auszuhalten, um weiter mithalten zu können, nach dem vorherrschendem Motto: ›Immer schneller, immer höher immer weiter, immer besser zu sein, als die anderen.‹

Das Buch erzählt von unserer Ellenbogengesellschaft, die diejenigen an die Wand drängt, die da nicht mithalten können, die einfach ausgesondert werden, deren Probleme man nicht sehen will, deren Seelen zertrampelt werden und die dann soviel Frust in sich ansammeln, dass sie dann austicken, wütend und unbeherrscht ihren Mitmenschen entgegenkommen – zum Beispiel in den Ämtern – Ausweglosigkeit.

Marc Schuhmacher schreibt auch über das Geschehen einer Liebe, die eigentlich nicht sein darf, weil einer der Partner anderen Glaubens mit strengen Sitten und Gebräuchen eines anderen Landes ist.

Überhaupt ist die Liebe der Lichtblick im Buch, denn alle beschriebenen Charaktere folgen am Ende ihrer Story, dem Pfad der Liebe und gehen einen neuen besseren Weg.

Es ist auch ein Buch, welches vom nicht loslassen der Vergangenheit erzählt, auch wie schwierig es ist, die persönliche falsche Konditionierung abzustreifen und das eigene Ich zu finden.

Und immer wieder begegnen den Leserinnen und Lesern im Buch der anarchistische Schriftsteller und Philosoph ›Dian the Sain‹ mit der Band ›Anarchonauten‹, die sich ziemlich kritisch mit unserer Gesellschaft und der Welt auseinandersetzen – düstere Texte, düstere Musik – passend zur Stimmung der jungen Menschen, die nicht mehr weiter wissen.

Die Storys bringen das Ganze sehr gut rüber, bringen es im Kern auf den Punkt, was in unserem Land schief läuft, an was unsere Gesellschaft krankt und was es manchmal mit den Menschen macht. Ein Buch welches unbequem ist, für Menschen, die das nicht sehen wollen und die nach dem Motto leben: ›Immer schneller, immer höher immer weiter, immer besser als die anderen‹. Der Ausweg aus alle gelebten Irrungen und Wirrungen, so zeigt es auch der Autor, ist immer die zwischenmenschliche Liebe; Freundschaft und der Weg zu sich selbst.

Heidelinde Penndorf

(17.10.2019)






Mittwoch, 16. Oktober 2019

⭐ neue Leseempfehlung ⭐: Spiegel der Angst - Thriller - Fiona Limar



Gleich zwei intensiv ethische, sensible und zwischenmenschliche Themen durchziehen die Handlung des Buchs, sorgen für Gänsehautfeeling und auch Nachdenklichkeit. 

Komplex ist das Fachgebiet der In-Vitro-Fertilisation mit Eizellen- und/ oder Samenspende und hilft vielen Ehepaaren, die sonst kinderlos blieben – in meinen Augen eine feine Sache. Doch in der Handlung führt die Autorin die Leser durch einen dramatischen Handlungsstrang, der sich mit einer unmoralischen, irrigen, menschlich dunklen Seite der In-Vitro-Fertilisation befasst. Diese verwerfliche Seite verkörpert eine fachliche Kapazität — ein Arzt— der sich gewissenlos als ›Schöpfer perfekter Kinder‹ sieht. Da spielt ein Mensch Gott und fühlt sich noch gut dabei. Er ist sogar davon überzeugt, das Beste für seine Patienten getan zu haben. Täter und Komplizen kommen skrupellos und eiskalt rüber – total ohne Gewissen! Die Folgen für alle Beteiligten sind enorm dramatisch, für manche sogar tödlich.

Der andere Handlungsstrang ist eng verwoben mit dem Thema und den handelnden Protagonisten und Antagonisten. Er führt die Leserschaft in eine private Psychiatrieklinik. Da passieren unheimliche Dinge. Wir begegnen Patienten, die keinen eigenen Willen mehr zu haben scheinen, vollgepumpt mit Medikamenten wirken sie apathisch und verwirrt – sie hören Stimmen und fühlen sich sichtlich unwohl, haben körperliche Missempfindungen und Angstzustände, dass dafür zum großen Teil eine Infraschall-Einspielung in ihrem Zimmer verantwortlich ist, können sie nicht wissen. Es scheint so, als sollen sie in den Wahnsinn getrieben werden. An diesem grausamen Ort landet auch eine unliebsame Zeugin – freiwillig überredet und fast hoffnungslos der Willkür des Personals ausgeliefert. Aber nur fast, denn sie hat einen immensen Überlebenswillen …

Fiona Limar gewährt den Leserinnen und Lesern einen tiefen Einblick in die Abgründe der menschlichen Psyche. Es ist erschreckend, zu welchen Verbrechen Menschen fähig sind und welche niederen und auch fanatischen Beweggründe sie dazu bringen. Die Autorin spielt mit ihrer Leserschaft, schickt sie auf falsche Fährten, durchzieht die Handlung mit Irrungen, verzwickten Situationen und sorgt so mit Geschick für einen gut aufgebauten Spannungsbogen, der die Leserinnen und Leser bis zum Schluss in Atmen hält.

Alles in allem ist das Buch ein kompakter Mix aus Hochspannung, Wissenstransfer und spannender Unterhaltung. Ein interessanter und beeindruckender Psycho-Cocktail, mit einer überaus lebendigen Handlung und sehr gut gezeichneten Charakteren.

Ich empfehle das Buch sehr gern weiter, es ist ein fiktiver Thriller und doch durchaus vorstellbar, dass so etwas passieren könnte, in einer Welt, die zum großen Teil empathisch und zwischenmenschlich aus dem Fugen geraten ist – unserer Welt!

Heidelinde Penndorf

(15.10.2019)