Ein ausgezeichneter historischer Roman, anspruchsvoll und trefflich recherchiert. Liane Scholl lässt ihre Leserschaft durch ihre bildhafte Schreibweise, das zwischenmenschliche Miteinander des Mittelalters, des heutigen Bundeslandes Nordrhein Westfalen erleben. Raffiniert verwebt sie in der Handlung wirklich gelebte historische Personen, mit fiktiven Protagonisten. Erzählt so eine spannende lebendige Geschichte, um die unfrei gewordene Müllerstochter Anna, die den Mord an ihrer Mutter sühnen will.
Ein lehrreicher und interessanter Ausschnitt der Historie, in welcher die Menschen ohne Elektrizität auskommen mussten. es noch keine WCs gab und die Hygiene sich auf das Nötigste beschränkte. Einfallsreich haben die Bauherren, die fehlende Wasserspülung auf den Burgen gelöst, doch es muss bestialisch gestunken haben.
Frauen galten überall als Menschen niederer Art und waren dem Mann rechtlich untergeordnet. Mit 16 Jahren waren sie oft schon verheiratet und hatten für Nachwuchs zu sorgen. Spannend auch die Schilderungen im Buch, wie bestimmte Gruppen (gesetzlich Ausgestoßene), sich das zum Leben Nötigste, verschafften und die durchs Land fahrende Zunft, wie zum Beispiel der Scherenschleifer, als Nachrichtenübermittler fungierte und man sich auch untereinander half.
Anhand des Protagonisten Prior Johannes, schildert die Autorin, wie gefährlich es ist, wenn ein Glaube ins Fanatische abgleitet. Auch schon zu dieser Zeit, schreckten solche Menschen vor nichts zurück, um ihr Ziel zu erreichen, auch nicht vor Mord. Bemerkenswert, wie Liane Scholl am Beispiel des Protagonisten Simon, die antisemitischen Anfeindungen des jüdischen Glaubens schildert. Wieder einmal zeigt sich, dass es die Menschen einfach nicht verstehen, friedlich miteinander zu leben, irgendeiner muss immer an irgendetwas schuld sein.
Diese ganzen historischen Hintergründe, gekonnt mit der Story der Müllerstochter Anna zu verweben, und die überaus charismatische Protagonisten und Antagonisten, machen das Buch zu einem illustrativen Lesehighlight. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung, möchte unbedingt wissen, wie es mit Anna und ihren Freunden weitergeht.
Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter.
Heidelinde Penndorf
(22.07.2019)
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