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Samstag, 30. März 2019

*brandneue Rezension*: Friesenjagd: Ostfriesen-Krimi (Diederike Dirks ermittelt 6) - Stefan Wollschläger



Die Ausgangssituation ist schaurig – ein Bräutigam, der während der kirchlichen Trauung stirbt – doch das ist noch nicht alles – denn es gibt drei weitere Tote und alle weisen ein gemeinsames Merkmal auf. Doch sonst scheinen sie in keiner Verbindung zueinander zu stehen.

Diederike Dirks und Oskar Breithammer erleben bei den Ermittlungsarbeiten mehrere Verdächtige mit komplizierten Lebenslagen. Da sind eine Patchworkfamilie, deren Vater in ziemlich aggressiver Weise die älteste Tochter von allen abschirmt, niemanden an sie heranlässt. Diese allerdings ist spontan und lebenshungrig und will ihre eigenen Wege gehen. Die Leser lernen auch ein Freundschaftsquartett kennen, welches die Schulzeit überdauerte und bis zu den mörderischen Taten zusammenbleibt, eine fremdgehende Ehefrau, die alles aufs Spiel setzt, sich ihrer selbst nicht sicher ist und erpressbar wird. Und alle haben irgendwie mit den Taten zu tun – eine Sisyphusarbeit – die auf das Ermittlungsteam wartet und sie vor große Herausforderungen stellt.

Mittendrin taucht noch eine ominöse Kreditkarte auf und ein durchgeknallter Scharfschütze. Der liefert sich mit dem Ermittlungsduo eine mörderische Verfolgungsjagd und schießt dabei wild und mit sicherer Hand um sich. Breithammers noch instabile Psyche (beim letzten Einsatz wurde er lebensgefährlich verletzt), gerät ins Wanken und nur mit Mühe bewahrt er die Fassung. Dirks muss sich außerdem privat noch einem gut getarnten Bestechungsversuch stellen, was die Ermittlungen dann aber im Endeffekt voranbringt. Die Auflösung des mörderischen rasanten Spektakels war für mich total überraschend.

Absolut empfehlenswert, spannend und lebendig geschrieben, mit überaus interessanten Charakteren, entsprechendem Feingefühl und guter Recherche. Man muss dran bleiben beim Lesen, denn die verzwickten Ermittlungen verlangen die volle Aufmerksamkeit. Besonders ein Täter-Schicksal hat mich stark berührt – Psychose, durch Drogen ausgelöst – echt bedrückend, wenn die Seele so krank ist. Gut geschrieben!

Heidelinde Penndorf 

(30.03.2019)






Freitag, 29. März 2019

*brandneue Rezension*: Schwesternblut - Fiona Limar



Ein ungewöhnlicher Thriller, der mit einem Paukenschlag beginnt, dann leise Töne anschlägt und ein Thema berührt, welches im Alltagseinerlei kaum wahrgenommen wird, außer man wird mit der Nase darauf gestoßen oder hineingeschubst in den Wust der Probleme, die sich in Kinderseelen auftun.

Stets gibt es zwischen den leisen Tönen neue erschütternde Wendungen und Schockerlebnisse in der Handlung, die einen fast umhauen. Grausam und mörderisch.

Das Täterprofil ist nicht zu fassen, den Ermittlern läuft die Zeit davon. Fiona Limar führt uns auf verschlungene Ermittlungswege – nichts ist so, wie es scheint, denn jede Spur führt auch zu Tätern, aber nicht zu dem, der so unbarmherzig und überlegt gemordet hat – Sackgassen ohne Ende.

Und die Auflösung am Ende dann eine Überraschung – so etwas wie der Kain und Abel und Romulus und Remus-Effekt. Die Hintergründe zu den eiskalten grausamen Morden sind die individuellen Beziehungsmuster zwischen Kinder und Eltern und Geschwister untereinander, das ungleiche Verteilungsmuster der sozialen Ressourcen, also alles in allem tiefgreifende psychologische Aspekte. Täter werden zu Opfern und Opfer zu Tätern – die einen im sozial empathischen Bereich und die anderen werden gemordet.

Ich empfehle das Buch sehr gern weiter – eine geniale Mischung aus Spannung, psychologischer Tiefe, charismatischen Protagonisten, rätselhaften Irrwegen und einer guten Portion Thrill.

Heidelinde Penndorf

(28.03.2019)






Montag, 25. März 2019

LBM 2019 - Impressionen vom 23.03.2019 - Heidelinde Penndorf



Ich hatte mich ja im Vorfeld der LBM als Buch-kritikerin und Berichterstatterin akkreditieren lassen und schon war dieses Mal alles ein bisschen anders. Früh um neun fand ich mich im Pressezentrum ein. Da saßen sie nun, die Blogger, Journalisten und Berichterstatter der Zeitungen und der verschiedenen TV-Sender. Es war ziemlich still in diesem großen Raum, sogar an der Rezeption sprach man gedämpft, fast hätte man eine Stecknadel zu Boden fallen hören können. Manche frühstückten und andere schrieben schon fleißig auf ihren Tablets und Notebooks.

Ich habe mich angemeldet, bekam eine Hülle und Band für den Presseausweis und schlenderte dann durch die Glasgänge zur Halle eins. Da warteten schon drei junge Männer – Sicherheitskontrolle – Taschenkontrolle war angesagt. Ich so: »Sie wissen doch, wie das ist – Frauenhandtasche – Inhalt gleich Chaos – mein ganz persönliches – ich krieg das nie hin«. Ich entlockte allen dreien ein Lächeln, doch hereinschauen in mein Chaos mussten sie schon und grinsten dann – danach durfte ich passieren.

Zwischenzeitlich war es halb zehn, noch eine halbe Stunde bis zur offiziellen Einlasszeit für die Messebesucher – Zeit um durch die einzelnen Ausstellungshallen in Ruhe zur Halle fünf zu gelangen und ab und zu einen kleinen Plausch zu machen. Die Aussteller waren schon emsig am Wuseln, manche tranken entspannt den letzten Kaffee vor dem großen Besucheransturm. Und der kam dann auch – die LBM erlebte dieses Jahr einen neuen Besucherrekord – insgesamt 286.000 Gäste kamen auf das Messegelände und zum dazugehörigen Festival »Leipzig liest«. Echt der Hammer. Es war Gute-Laune-Messewetter, die Sonne lachte vom Himmel und man konnte auch ab und an draußen vor den Hallen in der Wärme pausieren, um sich dann mit neuer Energie erneut in den Messetrubel zu stürzen.

In Halle fünf traf ich dann endlich auch das Autorenduo Valerie le Fiery & Frank Böhm – seit vier Jahren ist das Usus, dass wir uns auf der LBM sehen, uns austauschen und dann gemeinsam über die Messe bummeln. Auch die Autorin Lina George und Bloggerin und Autorin in spe – A.C.LoClair (Flohhoppchen) – waren auf der LBM zum zweiten Mal bei diesen obligatorischen Treffen dabei. Verabredet war ich auch mit den Autorinnen Anne Card, Heidemarie Pläschke und Alex S. Judge – drei sehr sympathische, charismatische Frauen – es waren kurze, wunderschöne Begegnungen und inhaltsreiche Momente.Liana George und ich überraschten Valerie le Fiery noch mit einen besonderen Dankeschön, weil sie immer kollegial hilft, wenn wir um Hilfe bitten. Sie ist eine ganz herzige und liebe Person.

Ich besuchte die Signierstunde der Autorin Mari März – sie war umringt von ihren lesebegeisterten Fans, die unbedingt ein Autogramm und Goodies von ihr erhaschen wollten. Da blieb für ein Gespräch keine Zeit. Ähnliches erlebte ich, als der Autor Tommy Herzsprung an den Stand trat – die Zeit reichte für eine kurze liebevolle Umarmung und dann bestürmten ihn schon seine weiblichen Fans. Deshalb gibt es von ihm im Video auch nur ein verwackeltes Foto – aber besser als gar keines.

Alex S. Judge erlebte ich dann noch live bei einer Lesung, die sie mit Bravour gemeistert hat, trotz der Hektik und Lautstärke ringsherum. Einmal nur war sie unsicher, genauso ich, weil einige Zuhörer aufstanden und gingen. An ihrer Lesung konnte es nicht liegen, denn die ausgesuchten Textschnipsel waren interessant und sie las auch richtig gut. Das Rätsel löste sich dann später auf – nebenan war ein sogenannter politischer Stargast: ›Franz Müntefering‹ - der rigorose Befürworter des SGB II (Harzt IV) – Naja jedem Besucher sein Pläsierchen …

Ab Mittag waren einige Glasübergänge zu den anderen Hallen wegen Überfüllung gesperrt und man musste weite Umwege in Kauf nehmen, um in die anderen Hallen zu gelangen, oder ließ sich mit der Masse einfach im unteren Bereich mitschieben. Ich mit meiner Größe von 1.56 m, sah nur noch Köpfe, Füße und Taschen. Und so kam es, wie es kommen musste. Ich ging mehrmals verloren. Lina George und ihr Begleiter und auch das Autorenduo Valerie le Fiery und Frank Böhm verloren mich aus den Augen und ich sie. Einmal irgendwo kurz stehen geblieben im Stau der Besucher und husch waren die anderen weg. Doch wiedergefunden haben wir uns immer wieder.

Dieses Such und Find-Spiel hat mich auf eine Idee gebracht. Vielleicht kaufe ich mir für die nächste LBM so ein Sicherheitswimpel für Kinderfahrräder und bastle mir einen Stirnreif dafür, sodass ich dann über die Köpfe der Besucher weithin sichtbar sein werde.

Fazit: Es war ein wunderschöner, reicher, hektischer Tag, mit interessanten Begegnungen und Gesprächen, ein Tag voller Freude und Spaß und insgesamt eine Hommage für das Buch, alle Schreiberlinge, Verlage und auch Selbstverleger. Die Buchbranche ist immer in Bewegung und der anstehende Verkauf von KNV (Koch, Neff & Volckmar GmbH – Grossist des Barsortiments) sorgt gerade bei den kleinen Verlagen für immense Verunsicherung und wird den Strukturwandel sicher schneller vorantreiben. Wohin? Das ist die jedoch die alles entscheidende Frage.

Doch Schreiberlinge – Autoren – wird es immer geben, denen Schreiben ein Bedürfnis ist und die mit ihren Werken Botschaften übermitteln – Leser wird es immer geben – und deshalb wird es auch immer Bücher geben. Der Buch-Markt ist im Wandel, aber er lebt und sein Herz schlägt tausendfach jedes Jahr auf der LBM in Leipzig. Bücher, sie sind ein Vermächtnis und das Erbe für die nächste Generation.

Heidelinde Penndorf

Medien


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Donnerstag, 21. März 2019

*brandneue Rezension*: Zerstört - Angst ohne Ausweg: Nachfolger zu »Different - Minas Hölle« - Lina George




Das Thema Kinderhandel und Versklavung zum Zweck der Zwangsprostitution, lässt Lina George nicht los und sie präsentiert ihrer Leserschaft wieder einen erschütternden, neuen Roman dieser Problematik.

Menschen- und Sklavenhandel floriert mehr denn je. Es ist ein lukratives Geschäft, auch in Europa und die Liberalisierung des Sex-Marktes in unserem Land, hat der internationalen Kriminalität in dieser Hinsicht, die Türen weit aufgemacht. In die Öffentlichkeit kommt dieses Thema nur, wenn wieder einmal ein Verbrechen geschehen ist, welches die Medien nicht mehr unter dem Deckel der Verschwiegenheit halten können. Lina George legt wiederholt einen ganzen Roman in diese klaffende eitrige Wunde – zwar frei erfunden, aber nahe der Realität.

Die Handlung der neuen Story geschieht zeitgleich zu den Geschehnissen des Buchs »Different – Minas Hölle« und so ist es nicht verwunderlich, dass wir unter anderem auch einigen alten Bekannten – Verbrechern, Menschenhändlern, Opfern und Ermittlern – begegnen.

Stellen Sie sich vor, liebe Leserinnen, sie finden als junges Mädchen den perfekten Partner, der sie auf Händen trägt und sie abgöttisch liebt, der sogar wartet, bis sie volljährig sind und sie dann heiratet. Erst Jahre später merken Sie, dass Sie sozusagen den Teufel in Menschengestalt geheiratet haben – einen, der seine abartigen sexuellen Bedürfnisse, sogar an Minderjährigen stillt, sie gefangen hält und daraus ein florierendes Geschäft/Handel entwickelt – zwar nicht ganz freiwillig, aber das auch nur, weil er erpressbar ist, denn er tötete Ihre beste Freundin.

Doch Sie merken von alldem nichts, vertrauen ihm blind. Hinzu kommt, dass Sie keine Kinder bekommen können und er serviert Ihnen auf dem Präsentierteller ein reizendes Baby – eine angebliche genehmigte Adoption. Sie sind ihm dankbar und lieben ihn umso mehr. - fast ist er ein kleiner Gott für Sie. Ja – bis Ihnen eines Tages die perfekte Ähnlichkeit ihres Sohnes mit ihrer jüngeren verschwunden Schwester auffällt und Sie einen DNA-Test machen lassen – das Ergebnis ist der Horror für Sie. 

Dies ist nur eine umrissene, dramatische, sich durchziehende Handlung des Buchs, doch derer gibt es zahlreiche – das Buch ist lohnend, zumal auch wegen des Themas. Die Story ist gnadenlos hammerhart, dramatisch und spannend bis zum Ende und nichts für schwache Nerven – ziemlich aufwühlendes Kopfkino.

Meine Leseempfehlung: Für die Leserschaft ab 16 Jahre, mit starken Nerven und Psychothriller – Fans sehr zu empfehlen.

Heidelinde Penndorf

(21.03.2019)






Mittwoch, 20. März 2019

*brandneue Rezension*: Bad Bitch by Banana: Achtung, Rutschgefahr! (3Bee by Banana, Band 2) - Alva Furisto



Mit dem zweiten Teil der 3Bee by Banana-Reihe, überrascht Alva Furisto die Leserschaft mit einer abgefahrenen außergewöhnlichen Geschichte. Es ist eine rasante, überaus lebendige Story. Die Zeit vergessend habe ich des Nachts gelesen, es ging gar nicht anders, denn ich war völlig abgetaucht in diese bunte, fantasievolle und abenteuerliche Welt der Protagonisten.

Mir liebgewordene Akteure des ersten Teils haben es in das Fortsetzungsbuch geschafft und veranstalten da so einigen Wirbel – besonders Ruth – die es wahrscheinlich nicht lassen kann, sich in die Lebenswelten anderer einzumischen. Die meisten Geschehnisse mit einem negativ exzentrischen Touch gehen auf ihre Kappe.

Die bekannten und neuen Charaktere der Protagonisten und Antagonisten ergeben eine hochexplosive Mischung: ›Himmel und Hölle, Verführung und Leidenschaft, Exzentrik und Mystik, Klamauk und Ernsthaftigkeit, Enttäuschung, Verrat und Selbstfindung‹. Alles vorhanden, was eine gute Story auszeichnet und richtig gut geschrieben, sehr interessant, abwechslungsreich und durchweg lebendig. Es gibt nicht nur GUT und BÖSE - die Charaktere sind vielschichtig und das macht das Ganze so spannend.

Es ist ein modernes, kreatives Märchen mit realistischen Einschlägen, psychologischen Tiefgängen und Dramatik. Ich empfehle das Buch sehr gern der Leserschaft weiter und wer den Sandmann mag, für den ist der zweite Teil der 3 Bee Reihe der Autorin sowieso ein Muss.

Doch auch so ist es ein Wegleser – ein richtiger Hammer – denn im Hintergrund kocht die Relativitätstheorie Einsteins ein richtig gutes Süppchen. Da gibt es sozusagen Parallelwelten und geschlossene Zeitschleifen – es ist also auch eine Geschichte zwischen Raum und Zeit, Tod und Leben, Glück und Unglück und Liebe und Freundschaft. Wer sich auf die Geschichte einlässt, erlebt ein fantastisches, nicht alltägliches Abenteuer. Sie müssen es einfach lesen, liebe Leserinnen, sonst lernen Sie Lando nicht kennen und den muss man erlebt haben, zumindest im Buch.

Heidelinde Penndorf

(20.03.2019)






Dienstag, 12. März 2019

*Neu*Neu*Neu*: André: Teil eins und zwei - Marc Schuhmacher



Stellen Sie sich folgendes Szenario vor:

Bisher haben Sie der Leistungsgesellschaft immer mehr als nur genügt, doch plötzlich ist alles anders, von einem Tag auf den anderen – so fühlt es sich jedenfalls an. Doch Sie haben es nicht bemerkt – es begann schleichend und nun können Sie es nicht mehr steuern – es steuert Sie. Sie sind ausgebrannt, missmutig, lustlos, gleichgültig, interessenlos und dann wieder getrieben und impulsiv und ziemlich wütend. Sie sitzen auf einem Pulverfass und wer zündelt, sind Sie selbst, solange bis Sie explodieren und plötzlich sind Sie in der Psychiatrie – in der geschlossenen Abteilung. Die Zeit in der Klinik wirkt wie eine Käseglocke, alles läuft geregelt ab, doch Arztgespräche sind Mangelware. Sie wissen absolut nicht was Ihnen fehlt, wie Sie in diese Situation gekommen sind und werden in Gruppentherapien gezwängt – die Individualität des Ichs wird dadurch aufgehoben und geschwächt. Der Mensch wird nicht ganzheitlich behandelt, sondern genormt – Sie sollen ja nur wieder funktionieren – der Leistungsgesellschaft gerecht werden – wie Sie dahin gelangen, ist zweitrangig, wie und mit was die Leere in Ihnen wieder gefüllt wird auch. Sie ekelt das alles an und sie wagen mit einem Mitinsassen den Trip in die Freiheit – es geht auch alles gut, bis sie krank werden – richtig krank – und sie landen gezwungenermaßen wieder dort, wo Sie nie wieder hin wollten. Sie sind psychisch und sozial nun ganz unten. Sie stellen irgendwann im Laufe des Klinikaufenthalts fest: ›Sie haben sich selbst verloren, sind den kleinen Tod des Ichs gestorben.‹ Sie fangen an nachzudenken, über die Welt, über unsere Gesellschaft und unser Gesundheitssystem im Besonderen und über sich selbst und Sie finden sich langsam wieder, staunend betrachten Sie ihr neues ICH.

So ist es Andrè geschehen, im Buch gleichen Namens, welches gleichzeitig Teil I und II beinhaltet und von Marc Schuhmacher geschrieben wurde. Ich habe mich im Vorfeld mit ihm unterhalten. O-Ton des Autors: »Ich habe in dem Buch zahlreiche Begegnungen in der Psychiatrie verarbeitet. Ich habe Orte gewählt, an denen ich war, und Personen beschrieben, die ich kennengelernt habe und besonders fand. Denn ich wollte ein authentisches Werk verfassen. Es vermischt sich viel Autobiografisches mit Fiktion.«

Das Buch umfasst insgesamt gerade mal 102 Seiten – die haben es aber in sich. Sensibel, intensiv berührend, sehr ehrlich und realitätsnah – so kommt die Handlung rüber. Ab der Seite 76 setzt sich der Autor sehr kritisch mit unserer Gesellschaft, der Gefühlswert und dem Tun der Menschen und dem Gesundheitswesen auseinander – da kommen so einige Wahrheiten in die Buchzeilen. Marc Schumacher – ein mutiger junger Mann. Ich hoffe noch viel von ihm lesen zu dürfen und ich wünsche ihm ganz viel Glück auf seinem neuen Weg, auch als Mitglied der schreibenden Zunft.

Dieses kleine Buch hat meine uneingeschränkte Leseempfehlung. Lesen Sie dieses Buch, es spricht die Seele an und macht munter.

Heidelinde Penndorf

(12.03.2019)





Donnerstag, 7. März 2019

*brandneue Rezension*: Wer Schiffe klaut, kriegt nasse Füße (Die Schiffsdiebinnen 1) - Rega Kerner



Es ist ein lauter und rasanter Roman, ungewöhnlich flippig geschrieben, mit vielen effektiven Lautmalereien, die die Leserschaft visuell anregend mit den Gedanken der Protagonisten und auch der Geräuschkulisse und den Geschehnissen ihrer Erlebniswelt verbindet.

Nur manchmal ist er leise und dann aus gutem Grund – da braucht es keiner großen Worte, um die Verlorenheit der beiden Mädels zu beschreiben, die seit sie laufen können, Freundinnen sind und Seelenzwillinge obendrein.

Es sind vergessene Kinder – vergessene Jugendliche. Lara, aus gut situiertem Haus, hat zwar alles, was sich eine 17-jährige wünschen kann, erfährt aber ansonsten durch ihre Eltern eine emotionale Losgelöstheit und Vernachlässigung, die schon an Gleichgültigkeit grenzt.

Ebenso Karla, deren Eltern an der Armutsgrenze leben, sich aufgegeben haben und nur noch TV schauen – Blödfernsehen – von morgens bis abends und dabei vergessen haben, dass es Karla überhaupt gibt, so scheint es jedenfalls.

Karlas Gedanken dazu: »Zuhause ist zu. Haus ohne Ausgang. Alltag ohne Zukunft. Hier ginge sie unter. Ihre Alten waren Schuld. Oder? Selbst suchen. Ein Rettungsboot …«

Ein Rettungsboot – ›das kleine Blaue, mit dem dreckig-gelben Deck und den vielen Bullaugen‹

Und so kommt es auch … Die aktive lebendige Karla und die ruhige etwas ängstliche Lara diebsen dieses Boot, bringen es sogar zum Laufen und erkunden damit die Gewässer Bremens. Frei sein, ohne Zwänge, ohne Eltern, die sie sowieso nicht wahrnehmen – endlich sie selbst sein können – und beide verlieren sich ein Stück und beide wachsen mit der Situation ein Stück weit über sich hinaus. Da wird es wieder laut in der Handlung, stürmisch, situationsbedingt komisch und manchmal auch ernst, zum Nachdenken ernst und auch zum Traurigsein ernst – für beide.

Dann wird es wieder ganz leise im Buch. Lauras Schultasche wird im Wasser gefunden und die Polizei spricht bei den beteiligten Eltern vor. Die Reaktionen können unterschiedlicher gar nicht sein – die einen trennen sich und bei den anderen wird zumindest ein Elternteil munter und wir verfolgen, wie dieser das erste Mal – wahrscheinlich seit langer Zeit – den Fernsehsessel verlässt und zum Spielplatz geht, auf welchen früher seine kleine Tochter spielte. Reale Menschenschicksale in Worte und Geschehnisse gebannt. Das haut einen fast um, als Leser – diese leisen und lauten Töne im Buch, weil sie gegenwärtiges soziales so lebendig zeichnen.

Wie es den beiden jungen Frauen auf ihrer Schiffstour ergeht und wen sie kennenlernen dabei und wer ihnen aus mancher Verlegenheit hilft – ein spannendes Leseerlebnis, mit viel visuellem Kopfkino.

Ich empfehle dieses Buch sehr gerne weiter, es ist nicht nur ein Jung-Mädel Roman, sondern auch ein Buch für interessierte Erwachsene, schon wegen der leisen sozial zwischenmenschlichen Töne im Buch, die ich sehr bemerkenswert finde.

Heidelinde Penndorf

(07.03.2019)








Dienstag, 5. März 2019

*brandneue Rezension*: Eines Tages hol' ich sie mir!: Ist Liebe vergänglich? - Heidemarie Pläschke




Eigentlich wollte ich das Buch nach den ersten Seiten weglegen … doch das Geschriebene lockte und beeindruckte mich auch. Und schneller als gedacht, war ich am Ende des Buchs angelangt. Schreibt doch die Autorin in naiver Schreibweise, wie in einem Tagebuch – es wirkt fast wie eine Sinntherapie, als finde die Autorin beim Schreiben zu sich selbst – im Kopf entstehen Bilder, ähnlich der naiven Malerei – einfach und ohne Schnörkel. Eigentlich besagt der Titel, dass es eine Liebesgeschichte ist – ist es auch – doch noch so viel mehr.

Reflektierend, schreibt Heidemarie Pläschke über eine ziemlich stabile Mädels Freundschaft – die Freundschaft zwischen Stine und Laura – die manchmal kleine Risse bekam, aber immer hielt, ein ganzes Leben lang. Während der Reise in die Vergangenheit werden kleine Ereignisse – Ferienerlebnisse zum Beispiel, staunend mit Kinderaugen angeschaut und so zu ganz großen Wundern.

Das Zeitkolorit der 60er und 70er kommt ziemlich gut rüber, auch was das Leben in der Schule angeht – es sind wieder die kleinen Erlebnisse und später dann bemerkenswerte Lebensabschnitte der beiden Freundinnen, die uns einen Kinder/Erwachsenenblick in diese beiden Leben gewähren.

Im Laufe des Lesens merkt man, dass diese Tagebucheinträge, so nenne ich sie, biografisch und autobiografisch angelegt sind. Die Freundinnen begleiten sich durch viele Jahrzehnte, Höhen und Tiefen. Die Worte der Autorin kommen unbedarft und voller Ehrlichkeit zur Leserschaft. Und aus Ihnen spricht die Sehnsucht nach der tiefen Liebe, die Sehnsucht nach der verstorbenen Freundin, der Wunsch nach einem Ruhepol im Leben, endlich angekommen zu sein und auch die Hoffnung auf ein Leseverständnis für dieses ungewöhnliche Werk, welches ja kein typischer Roman ist, sondern eben eher aneinandergereihte Tagebucheinträge, voller Ehrlichkeit in unbedarfter Schreibweise, so als ob die Autorin live aus ihren Erinnerungen erzählt.

Wenn sie mögen, liebe Leserschaft, wagen Sie das Experiment und lesen Sie dieses Buch, welches völlig aus der Rolle fällt und fast ohne Rahmenhandlung und dramaturgischen Elementen auskommt und mich auf ungewöhnliche Weise berührt hat.

Heidelinde Penndorf

(05.03.2019)







Sonntag, 3. März 2019

*brandneue Rezension*: PSYCHO-PAT: Die Vergangenheit ist noch nicht fertig mit dir ... - Mari März


In diesem Buch der Autorin steht das ›Anderssein‹ im Mittelpunkt. Anderssein – nicht den festgelegten Verhaltensnormen der Gesellschaft entsprechen. In der Handlung geht es um eine junge erfolgsverwöhnte junge Frau, die eine bipolare Störung hat. Mit der Charakterbeschreibung der Hauptprotagonistin Patricia Fischer hat Mari März hier eine Punktlandung hingelegt. Denn Patricia Fischer ist charakterlich kaum einzuordnen, schwer zu greifen und sehr facettenreich. Das kommt hin, denn ich selbst kenne zwei solcher außergewöhnlichen Menschen, die ich sehr mag und die ziemlich kreativ und erfolgreich sind, wenn sie ihre schöpferischen Phasen haben.

Meist wird das ja unterbunden, solche Menschen bekommen oftmals ein Wust dämpfender Medikamente. So auch im Roman Patricia Fischer und das von Kind an. Sie durfte eigentlich nie richtig sie selbst sein – sondern genormt eben. Die Eltern Patricias sind gut situiert – da darf das Mädel natürlich nicht auffallen. So hat sie sich nie richtig kennengelernt – weiß gar nicht wie ihr richtiges ICH eigentlich ist, ob sie überhaupt je eines hatte – wenn ja, hat sie es mit 12 Jahren schon verloren.

Nach einem missglückten Suizid gerät ihr ganzes Leben durcheinander, privat und auch beruflich. Sie nimmt sich eine Auszeit und versucht entlegen aller Geschäftigkeit, zu sich selbst zu finden. Und dann schwebt in ihrem Unterbewusstsein noch eine dunkle Wolke aus ihrer Kindheit, die sie nie fassen kann, die zugedeckt wurde von der jahrelangen Medikamenteneinnahme und so finster ist, dass es ihr vor der Wahrheit graut.  Doch ihr Zwillingsbruder stupst sie fast mit der Nase darauf und bleibt da ziemlich hartnäckig. Er gibt ihr einen Karton voller Erinnerungen mit in diese Auszeit, dessen Inhalt sie sich anschauen möchte. Ein Schlüsselerlebnis, welches so eindringlich ist, dass sie es wegschieben und nicht hinsehen will, es am liebsten verdrängen würde, was sich ihr da offenbart. Doch eine tiefe kurze bittersüße Liebe, Fürsorglichkeit und eine Offenheit, die sie dabei erfährt und bis dahin nicht kannte, bewegt Patricia dazu, sich mit ihrem ICH auseinanderzusetzen, sich so anzunehmen wie sie ist, auch sich das Dunkel, was nun frei liegt, genau anzusehen. Sie zieht persönlich für sich die richtigen Schlussfolgerungen und denkt an einen Neuanfang. Diese positive Erkenntnis der Hauptprotagonistin, unterstreicht Mari März mit meinem Lieblingsgedicht Hermann Hesses – »Stufen«. Besser kann man gelebte Vergangenheit und einen völligen Neubeginn, einen Neustart seines Lebens nicht akzentuieren.

Wunderbar geschildert hat die Autorin im Buch auch die innige Verbundenheit zwischen Zwillingen, die ich seit sechs Jahren bei unseren Zwillingsenkeln hautnah miterleben darf.

Ich empfehle dieses Buch sehr gerne der Leserschaft weiter, es ist bemerkenswert sensibel, spannend und sehr lebendig geschrieben und zeigt auch die Einsamkeit des Anderssein in unserer Gesellschaft. Dabei gibt es viele berühmte Persönlichkeiten, die ebenso sind und ohne die wäre unsere Welt ein bisschen ärmer.

Heidelinde Penndorf
(03.03.2019)