Links zu meinen Seiten, einschließlich Homepage

Freitag, 22. Januar 2016

Der Krieg beginnt ... (Kampf gegen den Ku-Klux-Klan) Leseprobe aus: »4 gegen den Klan« - Sidney Rose






Harold Jordan: Der Krieg beginnt

»Du siehst furchtbar aus!«, meint ›Teddy‹ Forth und kippt seinen Drink hinunter.
   »Was man von dir nicht behaupten kann!«, entgegne ich.
   Es gibt Probleme, denn mein alter Journalistenfreund arbeitet nicht mehr beim Herald. Er ist zum Evening Stargewechselt. Das schöne, palazzoähnliche Verlagsgebäude soll abgerissen und durch ein zwanziggeschossiges Hochhaus ersetzt werden. Weder die Minerva-Statue, noch die Bronze-Eulen auf dem Dach könnten daran irgendetwas ändern. Teddy hatte auch noch andere Probleme im Verlag, aber der geplante Abriss gab den Anlass zu seiner Kündigung.
   »Besorge mir einen neuen Pressepass und bring mich wieder als freier Mitarbeiter ins Geschäft, Teddy! Die Story über Cynthia Turner muss unbedingt erscheinen, ich habe es ihr versprochen!«
   Er zwinkert mir zu.
   »Du wirst doch nicht etwa auf einmal Gefühle entwickeln? Bist du nicht kalt wie ein Stein geworden?«
  Ich gehe auf seine Bemerkung nicht ein, sondern schiebe ihm mein Manuskript zu. Er beginnt zu lesen und verfällt in ein beständiges Nicken.
   »Alle Achtung, Harold, so einen Text hätte ich dir bei deiner Stimmung überhaupt nicht zugetraut. Diese Frau muss dich vollkommen verzaubert haben. Sie ist wirklich außergewöhnlich schön. Die Fotoplatten vom Heraldhabe ich nachgeschickt bekommen.«
   Er packt die Papiere in seine Tasche und steht auf.
   »Teddy, du bist jetzt Chef der Society-Sparte, es ist ein Leichtes für dich, mich ins Boot zu nehmen. Komm in den nächsten Tagen vorbei, damit ich den Vertrag unterschreiben kann. Am besten bringst du den Pressepass auch gleich mit!«
   Er lacht und reicht mir die Hand.
   »Ich tue alles, was du willst. Dein Artikel ist gut und diese Frau scheint wirklich etwas ganz Besonderes zu sein. Ich muss unbedingt demnächst eine ihrer Vorstellungen besuchen!«
   Als er gegangen ist, leere ich in einem Anflug bitterer Wehmut die Brandyflasche. Die reißen das Heraldbuilding ab! Wie verrückt muss man sein, um so etwas zu tun? Erneut wird ein Ort der Erinnerung verschwinden: keine Verlagsflure mehr, auf denen Esther und ich uns begegneten, keine Minerva, vor deren gigantischem Ziffernblatt ich Rosenblüten auf den Herald Square regnen ließ und ihr meinen Heiratsantrag hinunterrief.
   Menschen verschwinden, Orte verschwinden – was bleibt, ist Leere und eine kaum mehr bezähmbare Flut von Erinnerungen, die mich von innen auffrisst.
»Hilfe, einen Arzt, holt einen Arzt her!«
Ein Taxifahrer stolpert zur Tür herein und verliert seine Mütze. Der Wirt greift ohne weitere Fragen zum Telefon und alarmiert einen Doktor. Dann geht er mit dem Mann nach draußen. Ich wanke hinterher, bleibe an der Türklinke hängen und muss erst von einem Passanten befreit werden. Verfluchte Sauferei!
   Im Taxi windet sich ein großer Schwarzer mit seinem Sohn auf der Rückbank. Beide jammern vor Schmerzen und halten sich die Hände vors Gesicht.
   »Was ist hier passiert?«, frage ich den Taxifahrer in, ungeachtet meines Brandypegels, offenbar recht verständlicher Aussprache.
   Der weicht vor meinem Alkoholgestank zurück.
   »Ich konnte es nicht genau sehen. Als ich hier angehalten habe, riss einer die hintere Tür auf und kippte irgendetwas ins Auto.«
   In meinem vernebelten Hirn kristallisiert sich eine schreckliche Vermutung heraus.
   »Holt einen Eimer Wasser – schnell!«
   Die Leute glotzen mich an. Ich greife mir einen der Männer und stoße ihn ins Lokal.
»Los, beeil dich!«
   Als dieser mit dem Eimer zurückgekommen ist, kippe ich das Wasser unter den erstaunten Blicken der Umherstehenden den beiden Schwarzen in die Gesichter.
  »Davon werden die auch nicht weiß!«, grinst mich einer der Passanten an.
   Wütend packe ich ihn am Kragen.
  »Mit solchen Sprüchen fängt es an! Dann kommt einer vom Klan, der euch erzählt, dass die Farbigen uns bedrohen und als nächstes schüttet jemand harmlosen Leuten Säure ins Gesicht!«
  Der Typ hampelt herum und will sich befreien.
   »Mister, sind Sie sich da sicher, was Sie behaupten? Alleine durch das Einatmen Ihres Mundgeruchs spare ich mir mindestens drei Drinks!«
   Ich stoße den Kerl ins Auto.
   »Dann sieh dir doch ihre Gesichter an!«
   Mit einem Aufschrei des Entsetzens hastet er heraus und rennt davon. Endlich ist der Arzt eingetroffen. Er schaut sich die Opfer kurz an und murmelt:
   »So eine verfluchte Schweinerei! Jetzt geht das hier auch schon los. So was gibt’s doch sonst nur in den Südstaaten!«
~
   Nun ist sie also eingetroffen: die Nordinvasion. Anstatt weiter die Akten vom Klan zu studieren, hab ich mir das Hirn von der schönen Cynthia aufweichen lassen und mich sinnlos betrunken. Bevor die Organisation damit anfängt, ihre potentiellen neuen Mitglieder zu werben, wird sie vor allem Eines wollen: Rache.
   Niemand kann das so gut verstehen wie ich. Ich will Garçonne und ihre Flappers da raushalten. Also packe ich eine Tommygun, eine Springfield, meinen Peacemaker, einen Colt und ein paar Granaten mit Munition und Magazinen zusammen in eine große Tasche. Dieses Mal habe ich keine Transporthilfe und wuchte mir die Last auf den Rücken.
   Ich werde einen kleinen Ausflug machen. Wortlos verlasse ich das Lokal, während ich mit der geschulterten Tasche den halben Tresen abräume. Gläser stürzen auf den Boden und zersplittern, Leute murren. Egal, wer weiß, ob ich jemals zurückkehre.
   Die frische Winterluft hat den enormen Vorteil, dass ich schneller wieder zu mir komme, als wenn es Sommer wäre. Ich ächze unter dem Gewicht meiner Tasche und schaffe es gerade noch bis in eine Seitenstraße hinein. Dann schmeiße ich das Gepäck auf den Boden und ziehe es an den Gurten hinter mir her. Dank des Schnees geht das besser, als es zu tragen.
   Stundenlang quäle ich mich ab, bis endlich die Grenze zu Hell’s Kitchen erreicht ist. Hinter der schwarzen Fassade mit den ausgebrannten Fensterhöhlen war einmal Garçonnes Absteige. Ich gehe noch weiter bis ans Ende der Straße und trete dann die Tür eines leerstehenden Hauses ein. Es ist ziemlich hoch und vorsichtig erklimme ich im Flackerschein meines Feuerzeugs die brüchige Treppe. Mein Bein schmerzt. In einigen Etagen stinkt es bestialisch, als ob dort Generationen von drifters ihre Därme und Blasen entleert hätten.
   Ganz oben herrscht dagegen frische Luft, weil sich die Fensteröffnungen auf beiden Seiten mit gähnender Leere präsentieren. Ich packe meine Waffen aus und lege mich auf die Lauer. Wo sollen diese verfluchten Ordensleute anfangen, wenn nicht hier, wo dreizehn ihrer sogenannten Brüder dahingemetzelt wurden. Sogar einem Kapuzenmann dürfte es klar sein, dass die vermeintlich irischen Killer direkte Nachbarn des unauffindbaren Novizen waren, der spurlos verschwunden ist.
   Die Kälte kriecht in meine Glieder. Mir kommen plötzlich die Erinnerungen, wie mein Vater einst mit mir auf die Jagd gegangen war. Wir saßen stundenlang auf dem Hochstand, schwiegen uns an und starrten auf den Lauf unseres Gewehrs, vor dessen Mündung sich eine herrliche Lichtung im trügerischen Morgengrauen aus dem Nebel schälte.
   Nein, ich will nicht an meine Kindheit denken müssen. Damals hat das gesamte Elend mit den Rassisten angefangen und jetzt kommen sie hier her nach New York. Sie haben mir schon meine Frau genommen und nun wollen sie das ohnehin komplizierte Leben in dieser Stadt mit ihrem Hass zerstören. Nach dem heutigen Säureanschlag wird es mir gleichgültig sein, ob Kluxer vor die Flinte geraten, die vielleicht nicht in irgendeiner Form am Tode von Esther mitschuldig sind. Sie säen Gewalt und werden Gewalt ernten. Spätestens, wenn sie einem der großen Gangster hier auf die Zehen getreten sind, dürfte ihre Zeit beendet sein.
   Doch auf so einen Zufall kann und will ich nicht warten. Die Sterne funkeln kalt auf mich herab und ich denke, wenn es wirklich die Seelen der Toten sein sollen, dann sind es viel zu wenige. Ich beobachte die Straße. Alles bleibt ruhig. Stattdessen erscheint Cynthia in meinen Gedanken. Sie wird hoffentlich niemals herausfinden, welche Rolle Garçonne tatsächlich in jener Nacht spielte.
   Wo steckt die Gangleaderin eigentlich? Ich habe noch nie zuvor erlebt, dass sie so lange beleidigt gewesen wäre. Sicher wird sie versuchen, erneut mit Cynthia Kontakt aufzunehmen, um sie in ihr Lotterbett zu bekommen. Das kann einfach nicht gut gehen.
   Ich schrecke hoch von einem lauten Knistern und Prasseln. Verdammt, ich bin während meiner ganzen verflixten Grübelei eingeschlafen. Eine sonderbare Helligkeit durchbricht die Nacht. Auf der Straße brennt ein merkwürdiges Feuer. Nein, ich traue meinen Augen nicht: Es ist ein brennendes Kreuz.
   Unten rennen einige Typen herum. Ihre weißen Kapuzen reflektieren den Feuerschein und geben ein hervorragendes Ziel für meine Springfield ab. Den ersten Klansman erschieße ich, als er neben dem Kreuz steht, die nächsten muss ich im Laufen erwischen. Sie rennen zu einem Truck, springen auf die Ladefläche und preschen davon. Mein Dauerfeuer aus der Thompson zerlöchert ihre Kutten und die Scheibe des Heckfensters, aber aufhalten kann ich sie nicht.
   Mühsam hieve ich mich die Treppen hinunter. Die Iren waren schneller. Sie stehen verwundert um das brennende Holzkreuz herum. Einer will dem verwundeten, zuckenden Klansman mit einem Pflasterstein den Schädel zerschmettern.
   »Halt! Den hab ich angeschossen!«
   Ungläubig blickend weicht der Kerl zurück.
   »Was willst du denn schon wieder? Ich dachte, wir wären endlich quitt?«, schnarrt mich Kieron aus dem Dunkel an.
    Ich beuge mich herunter zu dem stöhnenden Ordensbruder und frage, wann sie ihr Killerkommando schicken wollen.
   »Morgen Nacht. Sie töten euch alle, Frauen und Kinder! Katholiken müssen ausgerottet werden und dürfen sich nicht vermehren!«
     Der Kluxer lacht irre und füllt seine Kapuze mit Blut. Ich habe ihm einen Streifschuss am Hals verpasst. Dann stelle ich meine wichtigste Frage:
   »Schicken sie ›Ripper‹ und ›Angel‹?«
      Er glotzt mich an.
      »Du Mistkerl, du kannst sie nicht kennen. Jeder, der sie kennengelernt hat, ist tot!«
      Ich trete gegen seinen Hals, dass noch mehr Blut aus der Wunde strömt.
      »Kommen diese beiden Dreckskerle morgen hier her, will ich von dir wissen?«
      »Ja.«
      Ich drehe mich um.
      »Jetzt kannst du tun, was du nicht lassen kannst!«, wende ich mich an den Pflastersteinkiller.
      Der Klansman kommt nicht zum Schreien. Sein Schädel berstet mit einem grauenhaften Geräusch auseinander.
      »Sieh es dir an, Writer! Der Typ hat ja doch mehr Hirn, als ich geglaubt hatte!«, lacht Kieron.
      »Lass mich mit deinem Scheiß in Ruhe! Ich töte nicht zum Spaß wie ihr. Ich will meine Frau rächen und dann ist Schluss!«
      Kieron zertritt unter schauerlichem Knirschen die Reste des zerschmetterten Schädels. Sein Lachen ist satanisch.
   »Nichts ist vorbei. So, wie du die Leute plattmachst, gehört das einfach zu deinem Leben! Der Krieg hat dich zum Killer gemacht, wenn du nicht schon vorher einer gewesen bist!«
   Dieses Killer-Gerede kenne ich schon von meinem Vater. Er hat alles gegeben, um mich zu einem zu erziehen, aber er hat versagt. Ich war im Krieg wie tausende andere und jetzt wehre ich mich gegen die Angriffe militanter Gegner, mehr nicht. Aber es wäre zwecklos, es diesen Bestien erklären zu wollen.
   »Wie viele seid ihr überhaupt?«, will ich wissen.
   »Ein paar Hundert, würd’ ich sagen.«
   »Ich meine, wie viele Kämpfer habt ihr?«
   Kieron kratzt seine grauen Bartstoppeln.
   »Zwei Dutzend vielleicht. Der Rest sind Kinder, die es noch nicht mit diesen Kapuzen aufnehmen können.«
   Ich schultere die Springfield und zeige auf die Toten und das brennende Kreuz.
   »Die ganze Sauerei muss verschwinden, damit morgen nicht auch noch die Cops hier rumschnüffeln. Der Klan wird mit drei, vier Trucks aufkreuzen und sicher zwanzig Mann mitbringen. Dazu ein MG auf jeder Ladefläche und jede Menge Maschinenpistolen. Die haben genug Geld und sind bestens ausgerüstet.«
   Der Gangsterboss reibt sich die Stirne.
   »Verflucht noch mal, du kannst einem ja richtig Mut machen, Mister! Wir sind zwar eine schlagkräftige Bande, aber wir können es mit keiner Armee aufnehmen. Die löschen uns aus!«
   Ich hinke zu ihm, denn mein Bein habe ich heute eindeutig überbelastet. Sehe ich da tatsächlich Angst in seinen Augen? Ich schnauze ihm mitten ins Gesicht.
   »Pisst du dir etwa in deine dreckigen Hosen, du Feigling? Reißt dein Maul auf, wenn du es mit Unbewaffneten zu tun hast, die du in aller Ruhe zu Tode foltern kannst. Aber wenn sie kommen, um euch erbärmlichen Widerlingen das Fell über die Ohren zu ziehen, dann hast du Schiss?«
   Kieron scheint seit langer Zeit wieder einmal nachzudenken. Er rollt die Augen, zuckt mit Schultern und Armen. Schließlich stammelt er:
   »Wir sind arm ... wir müssen uns selbst aus dem Dreck ziehen und die Gewalt ist unser tägliches Brot. Meine Männer sind keine Killer ... wir wollen nur alle überleben!«
   Ich ziehe den Peacemaker aus dem Gürtel und drücke den silbern glänzenden Lauf an seine Schläfe.
   »Mir kommen die Tränen, Kieron! Schon mal drüber nachgedacht, dass man auch überleben kann, ohne dafür andere umbringen zu müssen? Was ihr mit diesem Grady angestellt habt und was ihr mit Garçonne vorhattet, war eine sadistische Schweinerei! Dafür können euch die Kluxer gerne morgen Nacht reihenweise abschlachten!«
   Ich stecke den Revolver schließlich weg und packe mein Zeug zusammen.
   »Warum haust du ab? Ich dachte, du als Militär- und Klanexperte bleibst hier und sagst uns, wie wir diese Verrückten umlegen können?«
    Die Wut pocht in meinen Schläfen.
   »Das muss ich mir noch überlegen. Ich bekomme das Bild einfach nicht aus dem Kopf, wie du Garçonne das Messer zwischen die Beine gehalten hast!«
   Es ist wahrhaft elend anzusehen, wie dieser Mobster anfängt zu betteln. Er hat eine verdammt große Klappe, aber er überblickt die neue Situation und weiß, dass er ohne Hilfe in vierundzwanzig Stunden tot sein wird.
   Ich lasse mich überreden, kehre um und bekomme wenigstens ein bequemes Nachtlager. Seufzend lege ich mein Bein hoch und einen Colt unters Kopfkissen. Kaum habe ich die Augen geschlossen, höre ich Schritte. Da ich die Hände auf dem Bauch halte, ist der Revolver näher und ich reiße ihn unter der Decke nach oben.
   Es ist Aine, die rothaarige Irin.
   »Was ist mit deinem Bein, Mister? Kann ich irgendetwas gegen deine Schmerzen tun?«
   Sie fährt mit den Händen unter die Decke und landet in meinem Schoß.
   »Das ist nicht mein Bein, Aine. Nimm bitte deine Finger weg!«
    Sie lächelt gekränkt, zieht dennoch die Hand hervor.
   »Da bin ich anderer Meinung. Was hast du denn? Bist du etwa schüchtern?«
   Ich zögere. Dann verrate ich mein Geheimnis.
   »Ich liebe eine Tänzerin vom Broadway. Ich werde so lange keine andere Frau anrühren, bis wir zueinander finden oder sie mir sagt, dass es keine Chance für uns gibt!«
   Aine seufzt.
   »Oje, ich habe ein Herz für romantische Männer. Aber dass ausgerechnet du einer bist, hätte ich nicht gedacht. Unsere Leute nennen dich nur noch den ›Schlächter‹, seitdem sie sich das Gemetzel in dem kleinen Haus da drüben angesehen haben.«
   »Ich musste es tun, sonst hätten die mich erledigt. Ich kann nicht zu den Cops gehen, weil meine Beweise nicht ausreichen. Außerdem weiß ich nicht, wen der Klan inzwischen alles gekauft hat. In meiner Heimat gab es für den Mord an allen, deren Nase den Klansmen nicht passte, entweder Freispruch oder Bewährung, ganz selten auch mal ein Jahr Knast. Verstehst du das? Die haben überall ihre Leute und am Ende ist denen ein ganzer Staat ausgeliefert. Es gibt keinen Schutz mehr, keine Gerechtigkeit, nur noch den Wahnsinn des Klans! Ich bin im Süden aufgewachsen und weiß, was uns bevorsteht.«
   Aine schaut mich mit vor Schreck geweiteten Augen an.
   »Wie schaffen die das, so viele Leute für sich zu gewinnen?«
   Ich schüttle den Kopf.
   »Kleine, sie nutzen den Hass der Menschen für sich aus, schüren Vorurteile und Sorgen und spielen damit. Die sagen: ›Sieh dir den Neger, Juden, Katholiken, Bolschewisten an, der wird morgen dein Mädchen vergewaltigen.‹ Was macht einer, dessen Furcht erst einmal erwacht ist? Er rennt dem Klan in die Arme, setzt sich eine Kapuze auf und drischt auf seine Ängste ein, verbrennt sie, erschießt sie und kippt ihnen Säure über den Kopf!«
   Die Rothaarige setzt sich auf den Bettrand.
   »Sag mal, liebst du auch dieses Mädchen mit dem großen Schwanz?«
   Ich zucke bei der Deutlichkeit ihrer Worte zusammen.
   »Nein, ich hab sie sehr gerne, aber sie ist in eine Frau verliebt.«
   Aine versucht, einen unschuldigen Blick zu mimen, was ihr sogar recht gut gelingt.
   »Und diese Frau ist ganz zufällig deine schöne Tänzerin, wegen der ich dich nicht anfassen darf?«
   Ich seufze. Diese Frauen, immer müssen sie intuitiv in die schlimmsten Wunden fassen. Ich will endlich schlafen und drehe mich zur Wand.
   »Das war also ein ›Ja‹ «, haucht Aine.
   Leise geht sie aus dem Zimmer und schließt die Tür. Ich stehe auf und schiebe eine schwere Holzkiste vor den Eingang. Bei meinem todähnlichen Schlaf vermag ich nur von Lärm geweckt zu werden. Mit dem Revolver in der Hand, auf die leere Kammer eingestellt, wie es mich einst mein Vater gelehrt hatte, schlafe ich ein.





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen