Ein sehr spannendes Buch, eines, welches in vielen zwischenmenschlichen Bereichen nahezu erschüttert, eines welches betroffenen macht, abenteuerlich rüberkommt und mich sehr bewegt hat.
Die Autorin begleitete zusammen mit einem Freund den gehbehinderten John Barrymore Eustice, auf seinem Gewaltmarsch von 6000 km quer durch Afrika. Sein Ziel war es, mit dieser Aktion, auf die fatale Situation behinderter Menschen in diesem Land aufmerksam zu machen, ihnen eine Lobby zu schaffen und Spendengelder für sie zu sammeln.
Es ist Christina Ungers ganz eigener autobiografischer achtmonatiger Zeitabschnitt und manchmal eine kleine Hölle, in der sie gefangen schien.
Oft werden Menschen durch solche Erlebnisse zusammengeschweißt, doch die Autorin schildert in ihrem Buch dramatisch das genaue Gegenteil. Alle Beteiligten kamen an ihre persönlichen Grenzen, physisch und psychisch. In vielen Bereichen des zwischenmenschlichen Zusammenseins und Erlebens waren zahlreiche Erlebnisse zermürbend. Manchmal war es auch ein Aufgeben der eignen Persönlichkeit, um den Sinn und Zweck der Aktion und Barry Eustice, auf dem Weg zu seinem Ziel, aufopfernd zu dienen, ja sein eigenes Ich völlig zu vernachlässigen.
Verdammt gefährlich, was da geschah in dieser Zeit – ganz nahe am eignen Abgrund standen Christina Unger und der andere Wegbegleiter, aber auch Barry Eustice war am Ende seines Gewaltmarsches, ein anderer geworden.
Beindruckend wie bildhaft die mutige Autorin die sozialen Verhältnisse und Gegensätze in Afrika schildert. Das weiße Establishment in Afrika, mit allem erdenklichen Luxus und Komfort, geschützt von hohen Mauern. Ihnen steht genügend ›schwarzes‹ Personal zur Verfügung, welches den Schutz garantiert und sie bedient – und draußen in der realen Welt Afrikas, die greifbare Armut …
Spendengelder und Sachspenden kommen meist nur dann an die richtigen Orte und Stellen, wenn man sie selbst hinbringt, sonst versickern sie in mysteriösen Quellen. Ausgenommen die Gelder des Lions Club, womit einzelne Projekte in Gang gebracht und gefördert werden. Afrika, ein ausgebeutetes Land. Europa hat die wertvollen Bodenschätze Afrikas, ihre Ressourcen, jahrzehntelang zu Niedrigstpreisen bezogen und die Arbeiter dort nur mit einem Hungerlohn abgespeist. Wen wundert es, wenn viele Afrikaner auswandern, um im reichen Europa besser leben zu können.
Ich empfehle das Buch sehr gerne weiter, auch eines, welches man gelesen haben sollte. Der autobiografischer Zeitabschnitt der Autorin ist beeindruckend, ihr Schreibstil überaus lebendig, alle Charaktere sind überzeugend und jegliche Situationen bemerkenswert bildhaft dargestellt.
Chapeau Christina Unger!
Heidelinde Penndorf
(04.01.2020)