Der SF-Roman mit über fünfhundert Seiten ist eine Wucht – intensiv, faszinierend, bildgewaltig geschrieben, interessant, sehr spannend, emotional packend und vielschichtig. Zu 80 % dystopisch, doch mit einem Ende, welches Hoffnung gibt. Die Charaktere sind zum Teil sehr komplex, lernend und sich weiterentwickelnd. Es ist ein Roman, der unter die Haut geht, der beunruhigt, den man nicht vergessen kann. Ein Roman, der aufzeigt, wohin Fanatismus, krankhafter Ehrgeiz, missbrauchte Wissenschaft, zu viel Macht in einzelnen Händen und der KI vertrauend, führen kann, wenn Empathie und Liebe außen vor bleiben. Das Beste für die Menschheit gewollt und verblendet in den Abgrund geführt.
Wer meine vielen Buch-Rezensionen kennt, weiß, dass ich kaum spoilere, doch hier war es für mich mehr oder weniger ein MUSS, weil das Buch einfach atemberaubend ist, und ich viele Leserinnen und Leser dafür gewinnen möchte, es zu lesen. Einzelheiten der Handlung verrate ich Ihnen jedoch nicht! In manchen Teilen ist es gar nicht weit entfernt von der Realität. Die Handlung macht nachdenklich und wirft unter anderem die Fragen auf, wie wir alle in Zukunft leben werden/wollen. Und wie nah können wir künstliche Intelligenz in unser Leben lassen.
Es gibt im Jahr 2051 zwei Lebenswelten auf der Erde – eine naturnahe autarke und eine von KI und von wenig Menschen gesteuerte sterile Welt. Eine Welt, ohne Tiere, Pflanzen, ohne jegliche Krankheitskeime, Bakterien und Viren – geschaffen, um die Menschen vor Seuchen zu schützen.
Beide Lebenswelten haben keinen Kontakt zueinander.
In der sterilen Lebenswelt leben Kinder ab dem sechsten bis zum achtzehnten Lebensjahr komplett isoliert, jeder und jede für sich, ohne Bezugspersonen. Sie sehen sich, lernen und spielen nur virtuell miteinander. Sogar das Essen wird durch die Künstliche Intelligenz serviert, auch die Medikamente, die ihr Emotionslevel gen Null fährt.
Doch plötzlich ist alles anders, nichts funktioniert mehr und ein grausames Chaos bricht aus. Die Kinder und jungen und älteren Erwachsenen haben nie gelernt, für sich selbst zu sorgen. Ihre psychische Widerstandskraft ist der Situation nicht gewachsen, ihre ungestillten Bedürfnisse führen zu ziemlich starken negativen Emotionen und unmenschlichen Verhaltensweisen, sie benehmen sich zum Teil wie Tiere – ›Fressen oder gefressen werden‹. Da in der KI-Lebenswelt alle absolut keimfrei und steril gelebt haben, ist ein Immunsystem praktisch nicht vorhanden, was sich jetzt rächt, denn viele werden schwer krank, weil sie plötzlich der ›normalen‹ Welt ausgesetzt sind.
Ein junges Mädel und eine kleine Gruppe um sie, aber ist anders. Sie suchen den Kontakt zu der anderen Lebenswelt und es kommt zu zwischenmenschlichen Begegnungen positiver und auch negativer Art. Beide Gruppen lernen voneinander, auch neu zu überleben, sich zu vertrauen, Beziehungen aufzubauen und füreinander einzustehen.
Doch die artifizielle Intelligenz hat sich repariert, sich weiterentwickelt und sieht sich als alleiniger Herrscher über die Menschheit, versucht allen Widerstand zu brechen und die Menschen aus beiden Welten als Arbeitssklaven für den Neuaufbau der sterilen Welt zu unterjochen. Ob das der künstlichen Intelligenz gelingt, lesen sie am besten selbst.
Eines kann ich ihnen verraten, da ist viel Action, auf jeder Seite des Buchs passiert etwas, es ist ein Film in Buchformat, eines, das sich lohnt, zu lesen.
Chapeau, Andrew G. Berger!
Das Buch hat meine absolute Leseempfehlung!
Heidelinde Penndorf
(Juli 2022)
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