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Mittwoch, 22. Oktober 2025

⭐neue Leseempfehlung:⭐Im Bann des Vaterlandes: Der Algorithmus des Widerstands - Kevin Riemer-Schadendorf



Es gibt Romane, die nicht nur erzählen, sondern warnen. Kevin Riemer-Schadendorfs Im Bann des Vaterlandes gehört zu ihnen. Der Autor formuliert keine ferne Zukunftsvision, sondern eine konsequent zu Ende gedachte Gegenwart – eine Gesellschaft, in der künstliche Intelligenz längst über Wahrheit, Meinung und Moral bestimmt. Was bleibt, ist ein bedrückend plausibles Bild der Selbstabschaffung demokratischer Werte.

Im Mittelpunkt steht Micha Rebesky, Journalist einer zunehmend gleichgeschalteten Zeitung. Er erlebt, wie KI-basierte Systeme öffentliche Debatten steuern, Texte umschreiben und Opposition unsichtbar machen. Rebeskys Entschluss, unter Pseudonym Widerstand zu leisten, wird zum Kern einer Handlung, die zwischen politischem Thriller und moralischem Gleichnis changiert. Der Autor zeigt dabei eindrucksvoll, wie Zivilcourage selbst in digitaler Dichte leise überleben kann.

Riemer-Schadendorf schreibt mit journalistischer Klarheit und literarischer Feinheit. Seine Sprache ist präzise, manchmal fast dokumentarisch, und gewinnt gerade daraus ihre poetische Tiefe. Details wie das KI-Überwachungssystem SKALV oder die stillen Akte der Revolte wirken erschreckend vertraut – so sehr, dass man das Buch kaum als reine Fiktion lesen kann. Der Roman steht in der Tradition von Orwell und Bradbury, ohne sie zu kopieren: Er übersetzt die Mechanismen der Kontrolle in das digitale Zeitalter.

Besonders stark ist Im Bann des Vaterlandes dort, wo es das Politische mit dem Persönlichen verschränkt. Micha Rebeskys Blick bleibt menschlich – zweifelnd, verletzlich, mutig. Er macht erfahrbar, wie aus technischer Überlegenheit moralische Schwäche wird, wenn Gesellschaft Verantwortung an Systeme delegiert.

Dieses Buch ist ein literarischer Weckruf. Es fordert auf, genauer hinzusehen – auf Sprache, Medien, Machtverhältnisse. Demokratie, deutet der Autor an, stirbt nicht spektakulär, sondern leise, in Routinen und Bequemlichkeit. Ein Roman, der bewegt, beunruhigt und zum Denken zwingt – hochaktuell, klug komponiert und eindringlich geschrieben.

Sehr gern empfehle ich dieses Buch der Leserschaft weiter.

Heidelinde Penndorf

(Oktober 2025)








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