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Donnerstag, 11. September 2025

⭐neue Leseempfehlung:⭐ Dr. Junkie - Berlin im Rausch: Band 4-6 - Stefan Schweizer



Stefan Schweizer bleibt mit den Folgeband seiner Reihe ››Dr. Junkie – Berlin im Rausch‹‹ seiner Linie treu: Schonungslos, eindringlich und gleichzeitig hochspannend schildert er den weiteren Weg von Dr. Paul Straff. Während in den ersten drei Teilen der Absturz des Hausarztes im Mittelpunkt stand, setzen die neuen Bände genau dort an, wo ich als Lesende mit dem Ende des dritten Teils schmerzvoll zurückgelassen wurde – mit der Frage: Kann es für Paul noch einen Ausweg geben?

Der Autor bewahrt auch diesmal seinen präzisen, sezierenden Blick. Er zeigt erneut, wie zerbrechlich die Fassade einer vermeintlich normalen gehobenen Mittelklassefamilie ist und welche Dynamik entsteht, wenn Drogen, Leistungsdruck, gesellschaftliche Erwartungen und ein ungestilltes inneres Vakuum aufeinandertreffen. Die Illusion vom Familienglück zerrinnt, wobei seine Frau durch ihren übersteigerten fanatischen Glauben, ihren Standesdünkel und auch ihre jahrelange sexuelle Verweigerung ihrerseits erheblich dazu beiträgt.

Mitten im Behandlungszimmer von Dr. Straff kommen Opioide ins Spiel – fast unabsichtlich, aber mit gewaltigen Folgen. Schmerzhaft realistisch beschreibt Schweizer, wie eine Tablette zur nächsten führt und wie schnell der Sog unausweichlich wird.

Besonders berührend war für mich Band 5, der stellenweise schwer auszuhalten ist. Pauls verzweifelter Versuch, mit Cannabis oder Lachgas den Entzug zu überlisten, macht schmerzlich deutlich, dass er zwischen Selbstbetrug und Selbstzerstörung pendelt, während die Familie gleichzeitig auseinanderbricht. Selten hat mich eine Geschichte in diesem Genre so emotional gepackt – selten sind mir beim Lesen wirklich Tränen gekommen.

Neben Paul bleibt die pubertierende Tochter Hygieia im Gedächtnis. Sie wächst zunehmend zur eigentlichen Heldin der Reihe heran: ehrlich, rebellisch, tragikomisch in ihren Versuchen, erwachsen zu werden, und zugleich die Einzige, die die Kraft findet, sich auf die Suche nach ihrem Vater zu machen. Ihre Begegnung mit ihm in Berlin-Charlottenburg ist ein literarischer Schlag in die Magengrube – ein Moment, der alles zerbrechen lässt und dennoch Hoffnung aufblicken lässt.

Schweizer gelingt es meisterhaft, ein Wechselspiel aus Tempo und Stille, aus Spannung und Emotionalität zu schaffen. Die Dialoge sind von bedrückender Echtheit, die Figuren so nachvollziehbar gezeichnet, dass sie mir nach diesen sechs Teilen oft schmerzhaft vertraut vorkommen.

Für mich ist die Reihe spätestens mit den Bänden 4 bis 6 weit mehr als nur eine fiktive Geschichte über Drogenmissbrauch. Es ist ein Gesellschaftsroman, der aktuelle Brüche beleuchtet, einen dunklen Draufblick unserer Gesellschaft ermöglicht, vor dem viele, auch die Politiker die Augen verschließen. Das Buch lässt mich und als Leserin mit der Frage zurücklässt: Wie viel Halt haben wir wirklich im Leben – und was passiert, wenn dieser wegbricht?

Ich bleibe fassungslos, erschüttert und gleichzeitig gespannt auf alles, was noch kommt. Dr. Junkie – Berlin im Rausch ist längst verfilmungsreif – und jede Seite wert, gelesen zu werden.

Heidelinde Penndorf

(September 2025)








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