Aeham Ahmad hat dem Autor Andreas Lukas seine Geschichte erzählt und der hat sie niedergeschrieben – erzählt in der Ich-Form des Pianisten. Aeham Ahmad ist bekannt als der Pianist (2014/15), der in den Trümmern des Flüchtlingslagers Jarmuk in Syrien den Menschen Mut und Hoffnung gab. Sein Lebenslauf in Deutschland begann im September 2015.
Er ist also kein Schutzsuchender/Einwanderer, wie wir sie zu Tausenden in Deutschland haben. Herr Ahmad ist in gewisser Weise privilegiert, sodass man seine Geschichte nicht mit anderen Flüchtlingslebensläufen vergleichen kann. Das zeigt sich auch im gewissen Maß in seiner aufgeschriebenen Lebensgeschichte, die er hier in Deutschland erlebte und erlebt.
Ihm standen nach gewissen Anlaufschwierigkeiten und indirekter Ausnutzung diverse Türen offen, die er auch dankend öffnete. Das ist verständlich, denn seine Frau und seine Kinder warteten natürlich darauf, nachgeholt zu werden, ebenso seine Eltern. Dennoch musste er anfangs auch mehrere Unterkünfte für Flüchtlinge nutzen, die Deutschland bereitstellt. Und dazu muss ich sagen, die waren, nach seiner Beschreibung zu urteilen, eindeutig unzumutbar.
Das ist wiederum bis zu einem gewissen Grade verständlich, da unser Land auf große Flüchtlingsströme personell, unterkunftsmäßig und finanziell gar nicht eingerichtet waren und es bis heute auch nicht sind. Die Bürokratie unseres Landes stellt für Asylsuchende/Einwanderer eine große Herausforderung dar. Das zeigt sich auch bei den Wartelisten zur Weiterbildung und bei den Deutschkursen.
Doch dem Pianisten streckten sich, ob seiner Bekanntheit, immer wieder offene Herzen und Hände entgegen. Und das ist auch gut so. So konnte er sich allmählich vom Jobcenter lösen, sich selbst als Künstler versichern, seine Frau und Kinder nachholen und als es in Syrien brenzlig wurde, auch seine Eltern.
Und was mit dem Herüberholen seiner Eltern für eine immense persönliche Verpflichtung entstand, darüber hatte ich bisher keine Kenntnisse. Er musste sich verpflichten, für eine gewisse Zeit den Lebensunterhalt seiner Eltern zu decken. Doch all das hat er geschafft, weil sein derzeitiges Management ihm genügend Auftritte besorgte. Er erspielte endlich ein finanzielles Plus, das ihm ermöglichte, seine Familie zu versorgen und ihnen auch ein Zuhause zu ermöglichen, in dem alle zusammen glücklich zusammenleben können. Trotz Coronazeit haben sie es gemeinsam geschafft, denn auch seine Frau hat Arbeit gefunden.
Im Hinblick auf die Fragen, die er am Ende des Buches an sich selbst richtet, kann ich zustimmend sagen: ja er hat alles richtig gemacht. Seine Eigeninitiative ermöglichte ihm vieles. Unter anderem ein bisher gutes finanzielles Standbein und er erreichte für seine Familie und sich selbst fast Unmögliches.
Obwohl er derzeit nicht in der Lage war, perfekt Deutsch zu lernen, wird dies durch seine englische Sprache, die fast jeder versteht, kompensiert.
Aeham Ahmad handelte und handelt nach der Devise: Kopf hoch und nie die Hände – niemals aufgeben, denn es gibt immer einen Weg.
Das Buch hat mich nachdenklich, auch mit einigen AHA-Effekten zurückgelassen; es erweitert den gedanklichen Horizont und vermittelt Eindrücke, die wahrscheinlich in der Öffentlichkeit nicht oft geteilt werden.
Ich empfehle dieses Buch gern weiter.
Heidelinde Penndorf
(Juli 2024)